Das Zeitverständnis in der Kommunikation im Unternehmen – 4. Die Narration

Das Instrument mit dem Menschen ihre Zukunft aber auch ihre Vergangenheit gestalten, ist die Narration. Menschen verwandeln für sie subjektiv wichtige Ereignisse in Geschichten. Das Instrument der Gehirnakrobaten, die sich lange Zahlenketten und Gegenstandsreihen mit dem Instrument der Geschichte merken können, ist ein plastisches Beispiel für diese Wirkungsweise.

Von besonderem Interesse ist hier, dass Menschen mit diesem Instrument eben auch ihre Vergangenheit gestalten. Dies lässt sich anhand der Zeugenaussagen zum gleichen Ereignis immer wieder deutlich belegen.

Wie weit diese rückwirkende Anpassung gehen kann, belegt beispielsweise das „Stockholmer Syndrom“. Unter diesem Namen ist ein Ereignis in die Literatur eingegangen, in der nach einer brutalen Geiselnahme in einer Bank, eine Geisel mit einem der Geiselnehmer eine bleibende Freundschaft einging und die Polizei in der Beschreibung der Vorfälle durch die Geiseln sich während der Geiselnahme zum Gegner entwickelte. D.h. die Empathie der Geiseln ging soweit, dass aus den objektiven Helfern und Befreiern die subjektiven Bedroher wurden.

Unser Gehirn ermöglicht uns über diesen Weg, ein angstfreies Weiterleben. Passen wir Handlungen der Vergangenheit an, erklärt sich das Handeln heute einfacher. Die Darstellung der persönlichen Situation von getrennt lebenden langjährigen Partnern vor der Trennung, ist ein Paradebeispiel für diese Schutzmaßnahme.

Was bedeutet dies nun für den Mitarbeiter? In der oben beschriebenen Situation in der schleswig-holsteinischen Sparkasse, hatte der Mitarbeiter in den vergangenen zehn Jahren die Einführung von drei „überragenden“ Vertriebsstrategien erlebt, die alle nur ein paar Jahre überdauerten, um dann wieder von der nächsten besseren – oder gefühlt „nächstbesten“ – abgelöst zu werden. Was passiert nun in der negativ geprägten 1. und 2. Phase des Veränderungsprozess – Schock und Ablehnung – im Kopf dieses Mitarbeiters?